Erfahrungsbericht: weiblich, 26 Jahre:
Warum wurde bei Ihnen eine Sakralnervenstimulation durchgeführt?
Unter der Geburt meines Sohnes (2009) ist mein Damm komplett durchgerissen gewesen. Zuerst litt ich an starken Unterbauchschmerzen, ständigen Abgängen von Winden, welches dann zu immer häufigeren Stuhlgängen (5-8 Mal pro Tag) wurde, bis hin zur Stuhlinkontinenz. Das wurde zum Schluss so schlimm, dass mir einfach ohne es zu merken, der Stuhl beim Telefonieren die Beine runter lief. Ab diesem Moment fing die Panik an, ich habe kaum noch für länger die Wohnung verlassen um immer eine Toilette in der Nähe zu haben. Der Weg zur Arbeit wurde eine Qual, der Gang zum Spielplatz wurde kaum noch möglich ohne Einlagen zu tragen und eine längere Autofahrt der pure Horror.
Welchen Arzt haben Sie zuerst aufgesucht?
Nach der Schwangerschaft war ich schon einmal beim Proktologen, da meine Naht vom Dammriss nicht heilen wollte. Diesen Arzt habe ich wieder aufgesucht, als die Zeit begann mit den gehäuften Stuhlgängen.
Haben Sie wegen Ihrer Erkrankung vor dem Beckenbodenschrittmacher eine andere Therapie ausprobiert?
Klar haben wir erstmal probiert meinen Stuhlgang zu festigen, dann kam Beckenbodentraining. Beim Beckenbodentraining wurde es überhaupt nicht besser. Ich konnte soviel Trainieren wie ich wollte, es wurde trotzdem immer schlimmer. Daraufhin habe ich einen anderen Arzt aufgesucht um eine zweite Meinung einzuholen. Der Arzt wollte nichts operieren, hat sich nicht getraut etwas falsch zu machen. Es gab Untersuchungen, die aber aus Arztsicht zu keiner zufrieden stellenden Diagnose führte. Daraufhin wurde ich zu einem anderen Arzt geschickt und bin extra von Hannover nach München gereist mit der Hoffnung auf eine Diagnose und einen Therapievorschlag. Dieser teilte mir nur mit, dass ich mich nicht so anstellen sollte, empfahl mir eine Diät und den gang zum Neurologen um die Nervenstränge im Schließmuskel zu testen. Das habe ich alles brav befolgt. Beim Neurologen kam auch nichts raus. Ich kam mir so doof vor. Mir wurde das Gefühl vermittelt ich bilde mir das alles ein. Bis ich schließlich nach einem halben Jahr wieder zu meinem Proktologen zurück bin. Dieser hat eine Sonografie gemacht, wobei festgestellt wurde, dass mein Schließmuskel teilweise zerstört ist.
Daraufhin wurde ein Termin zur Testimplantation gemacht nachdem ich mit einer anderen Patientin gesprochen habe, die schon ein Implantat hatte.
Wie erlebten Sie die Operation?
Bei der ersten OP war ich aufgeregt vor Unsicherheit. Wie wird es wohl, wenn ich einige Zeit mit dem Testgerät rumlaufen muss und wie werden die Schmerzen nach der OP. Aber diese Gedanken sind schnell verflogen, nachdem ich begriffen habe, dass die OP gut verlaufen ist und das Testimplantat seine Wirkung vollbrachte. Dann dauerte es ca. 12 Wochen, bis die Festimplantation erfolgte. Diesmal war ich auch aufgeregt, aber etwas ruhiger, da ich wusste, wenn es bei der 1. OP schon gut funktioniert hat, kann es jetzt nur noch besser werden. Und ich hatte Recht, alles lief komplikationslos und nach 5 Tagen Krankenhausaufenthalt fing mein neues Leben an.
Wie haben Sie die Wirkung des Schrittmachers gemerkt?
Die Wirkung des Schrittmachers machte sich durch ein Kribbeln am After bemerkbar. Es ist ein angenehmes Gefühl und mittlerweile merke ich das Kribbeln gar nicht mehr bzw. sehr selten.
Was hat sich in Ihrem Leben durch den Schrittmacher verändert?
Mein Leben hat endlich wieder den gewohnten Luxus des Alltags bekommen. Ich gehe ganz „normal“ sprich regelmäßig auf die Toilette. Meist ein bis zweimal täglich. Einen Vorfall der Inkontinenz habe ich seit dem nicht mehr gehabt. Ich traue mich wieder aus der Wohnung, gehe in Ruhe einkaufen und habe keine Angst mehr vor längeren Autofahrten.
Kurz und Gut, die Implantation des Beckenbodenschrittmachers (SNS) hat sich vollkommen positiv auf mein Leben und meine Familie ausgewirkt.
Erfahrungsbericht: männlich, 65
Jahre
Nach Untersuchung durch
einen Koloproktologen im Endarmcentrum Hannover (edh) stellte
sich heraus, dass es sich bei meinen vermeintlichen
Hämorrhoiden um eine ziemlich große Analfistel handelte,
die schon gut angewachsen war (also wieder einmal so
lange gewartet, bis der Leidensdruck zu groß wurde und
größere Schmerzen - vor allem während des Sitzens –
eingesetzt hatten).
Die Analfistel wurde dann in zwei zeitlich versetzten
Operationen entfernt, zunächst der äußere und
unkompliziertere Teil, dann der innere, der direkt durch den
Schließmuskel verlief.
Man muss sich vorstellen, dass die Fistel in gesundes Gewebe
einwächst, sich damit verbindet und gesundes Gewebe
unbrauchbar macht, quasi „auffrisst“.
Nach Herauslösen des inneren Teils musste so mehr Gewebe
heraus genommen werden, als davor vorhanden war, also fehlte
nach der OP etwas. Der Schließmuskel konnte nicht mehr
richtig geschlossen werden.
Im Dickdarm hatte sich im Verlaufe des Heilungsprozesses
eine Rinne gebildet (das war das „Bett“ des
herausgeschälten Fistel-Körpers), die auch durch den
Schließmuskel führt. Der Stuhl konnte nun dadurch ohne
Probleme abfließen, aufhalten konnte ich das aus eigener
Kraft nicht mehr. Und es kam noch schlimmer. Nach und nach
schwoll die OP-Entzündung ab. Je mehr das geschah, desto
mehr nahm auch die Stuhlinkontinenz zu, bis es ohne Schutz
(Vorlagen) gar nicht mehr ging, manchmal half auch dies nicht
und führte zu immer häufigeren Verschmutzungen von
Unterwäsche, Bettzeug und Teppichboden auf dem Weg zum WC
und dergl.
Nach gründlicher Beratung im edh wollte ich unbedingt die
Implantation eines Beckenbodenschrittmachers
(Sakralnervenstimulation; SNS ).
Zunächst wurde eine Elektrode von oben rechts nach unten
in den Hintern implantiert, die über ein Kabel mit einem
außenliegenden Steuerungsgerät verbunden war. So konnte
getestet werden, ob man die Energieströme spürt, ob man
diese verträgt (d.i. das leichte Kribbeln der Impulse), ob
man für diese Maßnahme überhaupt geeignet ist.
Programmkomponenten konnten durchprobiert werden. Nach
erfolgreichem Durchgang wurde die zweite Elektrode von oben
links eingesetzt. Da auch hier ein gutes Ergebnis erzielt
wurde, erfolgte die Vollimplantation. Die brachte den
größten Fortschritt. Ich hatte das Gefühl, der Hintern sei
dicht, welche Euphorie! Aber sie konnte bis jetzt die
Stuhlinkontinenz zwar nicht komplett beseitigen, doch
erheblich verbessern. Ein positiver Nebeneffekt ist
zugleich die Reduzierung meiner seit 2009 bestehenden
Harninkontinenz.
Insgesamt ist durch die Implantation des Schrittmachers eine
erhebliche Verbesserung der Lebensqualität eingetreten, wie
mein Arzt es versprochen hatte.
Erfahrungsbericht: weiblich, 58 Jahre
Vor ca. 10-15 Jahren begann langsam meine Stuhlhalteschwäche für weichen Stuhl, die im Laufe der Jahre immer häufiger auftrat. Auch wurden abgehende Winde, die sehr unangenehm waren, häufiger. Erst als der Druck zu massiv wurde und öfter die Hose verschmutzt war, da ich kaum eine Chance hatte den Stuhldrang aufzuhalten, vertraute ich mich meiner Ärztin an. Eine Darmspiegelung brachte bis auf Hämorrhoiden Grad 2 keine Erklärung für mein Problem. Die weitere Behandlung fand nun im edH in Hannover statt. Die Inkontinenz II° wurde durch krankengymnastische Beckenbodenübungen nach Anleitung und stuhlkonsistenzverbessernde Maßnahmen (Flohsamenschalen) bei ausreichender Trinkmenge behandelt. Es fand jedoch keine durchgreifende Beschwerdeverbesserung statt. Anschließend habe ich mehrere Monate intensiv eine Biofeedback-Therapie durchgeführt. Bei den Übungen konnte ich am Gerät Verbesserungen feststellen. Im Alltag leider nicht. Auch nahm ich vor bestimmten Situationen oder längeren Wegen ein Zäpfchen um den Darm zu entleeren.
Die Teststimulation war für mich ein unbekannter Hoffnungsschimmer den Stuhldrang zu beeinflussen.
Im Krankenhaus waren
erste gute zeitliche Verzögerungen zu verspüren. Im
häuslichen und beruflichen Umfeld wurde dies noch etwas
besser. Selbst bei starkem plötzlichem Stuhldrang konnte ich
den Abgang bewusst um ca. 15 Minuten hinauszögern. Ein
tolles Gefühl.
Auch mein Blasenverhalten, obwohl kein so großes Problem, profitierte von der sakralen Nervenstimulation (Beckenbodenschrittmacher). Nach der Testphase begann recht schnell wieder das alte Problem des "nicht-länger-aufhalten-könnens".
Ich habe mich sehr zuversichtlich für die OP der sakralen Nervenstimulation mittels Beckenbodenschrittmacher entschieden um endlich normaler leben zu können.
(Die Aufklärung durch Dr. Rohblick und die vorherige durch Frau Erdmann waren bzw. sind ausgezeichnet.)
Erfahrungsbericht: weiblich, 61 Jahre:
Durch eine schwere Darmoperation im Februar 2010 wegen chronisch rezidivierender Divertikulitis wurde ich stuhlinkontinent. Seither war nichts mehr so, wie es einmal war.
Zwei lange Jahre quälte ich mich damit herum. Hatte täglich extrem viele Toilettengänge und konnte trotzdem meinen Stuhlgang nicht halten. Ich ging kaum noch aus dem Haus. Ein normales Leben zu führen, schien unmöglich zu sein. Biofeedback hat mir nicht geholfen. Ich war psychisch am Ende.
Durch Zufall erfuhr ich über eine Freundin, dass es eine Möglichkeit gäbe, die erfolgversprechend sei.
Die Sakralnervenstimulation.
Ich zog Erkundigungen ein und stellte fest, dass in meinem näheren und weiteren Umfeld eine solche Operation nirgendwo angeboten wurde. Ich wohne in Schleswig-Holstein.
Der Mann meiner Freundin kannte in Hessen einen guten Viszeralchirurgen bzw. Proktologen, der sich in seiner Klinik u.a. auf Stuhlinkontinenz und auch auf die Sakralnervenstimulation spezialisiert hat. Ich nahm den langen Anfahrtsweg in Kauf und machte einen Termin aus.
Bei der dortigen ambulanten Voruntersuchung wurde festgestellt, dass mein innerer Schließmuskel teilweise zerstört ist. Er weist eine große Unterbrechung des muskulären Reflexmusters auf. Dies muss während der Darmoperation im Jahre 2010 geschehen sein, denn vor dieser Operation war ich völlig kontinent.
Mir wurde zur Implantation eines Sakralnervenstimulators geraten, wobei mir der dortige Proktologe allerdings nicht versprechen konnte, dass ich dadurch wieder völlig kontinent werden würde.
Ich willigte ein und so hatte ich dann im Februar 2012 die erste Operation mit anschließender vierwöchiger Testphase.
Diese Testphase ist enorm wichtig, damit
man selber im Alltag zuhause testen kann, ob einem diese SNS
(Sakralnervenstimulation) auch wirklich hilft. Man kann
währenddessen auch
selbstständig die Stärke der Stimulation den eigenen
Bedürfnissen anpassen.
Läuft alles gut und zufriedenstellend, dann wird in einer
zweiten Operation der
Schrittmacher implantiert. Und auch danach kann
man mittels Fernbedienung die Amplitudenstärke anpassen bzw.
den Schrittmacher bei Bedarf an- und ausschalten.
Da die Testphase erfolgreich war, wurde mir dann im M ärz 2012 der eigentliche Schrittmacher implantiert.
Dieser Sakralnervenstimulator hat mein Leben wieder lebenswert gemacht! Ich bin sehr zufrieden.
Zwar konnte bei mir keine 100 %-ige Kontinenz mehr erreicht werden, wie mein Arzt auch vorher schon vermutete. Aber ich erreiche dadurch gefühlsmäßig eine ca. 70-80 %-ige Kontinenz und das ist allemal besser, als eine komplette Inkontinenz!!!
Ich kann nur jedem empfehlen, diesen Schritt zu wagen, sofern er aus ärztlicher Sicht indiziert ist.
Anmerken möchte ich allerdings noch folgendes:
Als Träger eines Schrittmachers bzw. Neurostimulators – denn nichts anderes ist ein Sakralnervenstimulator – erhält man einen entsprechenden Patientenausweis, den man stets bei sich führen sollte! Bei einem Notfall/Unfall müssen die Ärzte vor Ort entsprechend informiert sein.
Auch bestimmte medizinische Untersuchungen sind für Träger des SNS tabu, so zum Beispiel die Magnetresonanztomographie (MRT) oder eine Diathermie (Kurzwellen-, Mikrowellen- oder therapeutische Ultraschall-Diathermie). Alle ausführlichen Informationen hierzu erhält man aber von seinem behandelnden Arzt.